Unser Bewusstsein hochladen – das ist der Traum nicht weniger Transhumanisten. Was man damit erreichen will ist klar: Ewiges Leben, die Singularität und somit zugleich ein Leben mit wirklich allen Freiheiten und Möglichkeiten, die sich unser Geist nur ausdenken kann.
Aber ist es überhaupt möglich – kann man das Bewusstsein eines Menschen hochladen? Um das überhaupt beantworten zu versuchen, muss man zunächst zumindest zwei Dinge klären:
1. Was ist Bewusstsein überhaupt?
2. Wo ist der Sitz des Bewusstseins?
Neurowissenschaften: Bewusstsein ist physikalisch erklärbar
Transhumanisten, die ein solche Vorstellung verfolgen, gehen meist davon aus, dass der Sitz des Bewusstsein das Gehirn ist, und folgen damit einem aktuell breiten Konsens in den Neurowissenschaften.
Nicht wenige Neurowissenschaflter und Philosophen sind davon überzeugt, dass Bewusstsein ein im Gründe physikalischer Prozess ist, der sich vollständig aus der Funktionalität des Gehirnes erklären lässt: Wenn wir das Gehirn verstanden haben, dann verstehen wir auch was Bewusstsein ist (siehe z.B.: Thomas Metzinger: „Der Ego-Tunnel“).
Neuronale Netzwerke
Wenn wir also das Gehirn verstehen, so ist es wohl nur ein relativ kleiner Schritt bis zu einem künstlichen neuronalen Netzwerk, einem Nachbau eines Gehirnes nach menschlichem Vorbild (natürlich wird schon längst daran gebaut). Dieses neuronale Netzwerk in Aktion, wäre dann nach den Vorstellungen und Definitionen jener Neurowissenschaftler, versehen mit menschlichen Erfahrungen und der Fähigkeit, Sinnesreize zu empfangen und verarbeiten, ein Künstliches Bewusstsein.
Von der Neuroprothese zum Brain-Computer-Interface
Längst wird fieberhaft an funktionellen Neuroprothesen gearbeitet – Schnittstellen zwischen dem Nervensystem und elektronischen Bauteilen. Der Grundgedanke geht bis zu den Versuchen von Charles de Roy im Jahr 1755 zurück.
Was derzeit schon möglich ist, findet Einsatz in der Medizin: Motorische Neuroprothesen zur Behandlung von Krankheiten wie Parkinson, oder Sensorische, die es vermögen Blinde sehen und Taube hören zu lassen. Druch spezielle nicht-invasive, Brain-Computer Interfaces wird es soagr möglich, dass unter dem Locked-In-Syndrom leidende Menschen mit ihrer Gednakenkraft einen Maus-Kursor steuern können und gar Emails verfassen.
Noch exotischer experimentiert David Eagleman, indem er die unglaublichen Fähigkeiten unseres Gehirnes zur Neuroplastizität nützt: Seine V.E.S.T. erweitert unsere Fähigkeiten, Sinne zu verarbeiten über die Biologie hinaus: Der Versatile Extra-Sensory Transducer, ist eine Weste, die Schall in Vibrationen übersetzt, welche über den Rücken aufgenommen werden. Innerhalb von Wochen lernt das Gehirn, diese Signale zu verarbeiten – Der Hörsinn wird hierbei im Grunde maschinell in den Tastsinn übersetzt und vom Gehirn wieder zurück in Klänge – man hört gewissermaßen was man fühlt.
Wie man sieht, zeichnet sich langsam ab, dass sich die Grenzen zwischen Mensch und Maschine immer mehr verschwimmen – es handelt sich also nicht um ein rein spekulatives Thema.
Ein kleiner Schritt zum Bewusstsein Hochladen
Ein wichtiger Schritt hin zum hochladen des Bewusstseins wird sein, einen echten Informationstransfer zu erreichen. Das Militär träumt längst davon, was die Matrix Trilogie schon in den 00er Jahren vorweggenommen hat: Der Download von Wissen und Fähigkeiten. Lernen innerhalb von Minuten. Von einem solchen Download wäre es wohl nicht allzu weit, zu einem Upload. Dieser Gedanken lässt die Transhumanisten hoffen, dass wir bald unser Bewusstsein vollständig hochladen könnten, noch bevor unser biologischer Körper endgültig verstirbt.
Die Frage: Ist das dann noch das Selbe Ich?
Wenn dies erst gelingt, wäre das ewige Leben erreicht: Durch das hochladen des Bewusstseins würden wir unsterblich. Ein solches virtuelles Bewusstsein könnte ewig bestehen, jeweils mit der aktuellen Hardware für immer in die Zukunft migrieren.So schlüssig diese Argumentation auch ist, die große Frage ist im Grunde folgende: Ist dieses Selbst wirklich noch das Selbst, dass man bewahren wollte?
Dieses Wesen mit menschlichen Eigenschaften, emotional, gleichermaßen vernunft- wie triebgesteuert, mit dieser speziellen Sinneswahrnehmung, mit diesen speziellen Erinnerungen?
Letztlich eine philosophische Frage.
Dieser spezielle Mensch ist es natürlich nicht, weil zu diesem Menschen natürlich alles gehört, was ihn im Augenblick ausmacht. Alle Wege der Interaktion dieses Bewusstseins, würden sich von dem unterscheiden, was dieses Bewusstsein früher war: ein Mensch. Man müsste von einem ehemaligen Menschen sprechen. Noch dazu ist davon auszugehen, dass ein menschliches Bewusstsein durch die neuen Möglichkeiten sofort verändert würde: „Denken“ würde viel schneller funktionieren, weil Technologie viel schneller rechnet als Biologie (siehe Ray kurzweil, „the Singularity Is Near“). Alles wissen wäre direkt verfügbar. Und die Einschränkung des Körpers wäre auch nicht mehr gegeben. Man muss entschieden sagen: Dieser Mensch, der sein Bewusstsein hochlädt, kann nicht derselbe Mensch sein. Kann nicht das ewige Leben erreichen. Aber letztlich ist ein Mensch selbst von einem Augenblick zum Nächsten niemals derselbe.
Was möglicher Weise gelingen kann, ist dass sich diese neue Identität auf gewisse Weise eine Erinnerung an diese menschliche Existenz erhält. Man muss sich aber natürlich die Frage stellen, inwiefern hierbei letztlich tatsächlich ein Unterschied zum Sterben besteht. Auch beim Sterben handelt es sich um die Transformation einer Identität in eine andere, und dass Sterben das Ende bedeutet, wird von nicht wenigen Menschen bezweifelt. Die analoge Argumentation wäre, dass eine verstorbene Entität nach der Transformation einfach nicht in der Lage ist, auf die Art der alten Identität zu interagieren.
Jedenfalls lässt sich sagen: Selbst wenn eine solche Transformation, ein Hochladen des Bewusstseins gelingen sollte, könnte man nicht davon Sprechen, dass ein Mensch ewiges Leben erlangt hat. Weil er eben dann kein Mensch mehr wäre. Es sei denn, der Begriff „Mensch“ an sich transformiert mit diesem neuen Bewusstsein natürlich.
Thomas Heindl, 2016
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